Psychopathie: Was sie ist, wie sie sich im Gehirn äussert und wie man sie erkennt

Wir alle kennen den typischen Psychopathen aus Film und Fernseher, der kalte, gefühlstote Mensch, der ohne einen Hauch von Emotionalität willens ist für seine Ziele über Leichen zu gehen.

Doch was versteckt sich hinter dieser Darstellung, wie sieht die Realität aus? Ist jeder Serienmörder ein Psychopath, oder, anders gefragt, ist jeder Psychopath ein potentieller Serienmörder?

Nun, zuerst müssen wir definieren, was man denn überhaupt unter dem Begriff `Psychopath` versteht, und worin der Unterschied zwischen Psychopath und Soziopath liegt.

Zur Definition:

Psychopathie ist keine klare Diagnose nach dem diagnostischen Handbuch ICD-10, auch nicht nach dem DSM-5.

Vielmehr versteckt sich hinter diesem Sammelbegriff ein ganzer Rattenschwanz an einzelnen Diagnosen und Verhaltensmuster, die, in ihrer Gesamtheit den Begriff des Psychopathen ergeben.

Dasselbe gilt für den Begriff Soziopath. Beide Begriffe beschreiben im Grunde dasselbe Krankheitsbild und werden in der Regel austauschbar verwendet. Der Psychopath wird so geboren, wohingegen der Soziopath durch widrige Umstände zu dem wird.

Robert Hare hatte hierzu, zur besseren Diagnose um das Jahr 1980 herum die sogenannte Psychopathy Checklist, oder PCL, entwickelt. Das ist ein Fragebogen bestehend aus 20 Fragen, die man je nachdem wie zutreffend es ist mit `0`, `1` oder mit `2` beantwortet. Ab 25 Punkten redet man von einem hohen Score, bei 30 ist der Cut-Off.

Die Fragen zielen darauf ab zu eruieren, ob die befragte Person ein Blender ist mit oberflächlichem Charme, oder ob ein Erlebnishunger mit einhergehendem ewigem Gefühl der Langeweile vorliegt oder ob die befragte Person zur Impulsivität oder zur Promiskuität neigt.

Wer den gesamten Fragebogen anschauen will, der findet diesen hier

Psychopathen werden als gefühlskalt, narzisstisch, empathielos und  unberechenbar wahrgenommen. Sie neigen dazu, Risiken, auch sehr grosse, einzugehen, da ihnen das Bewusstsein oftmals fehlt, Konsequenzen in ihr Handeln einzukalkulieren. Auch fehlt es ihnen an Reue, sollten diese Risiken nach hinten losgehen, das Schuldbewusstsein ist inexistent. Ihre Mitmenschen sind ihnen egal.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dies lässt sich auch durch Scans von Gehirnen nachweisen.

 

Quelle: James Fallon


 

 

Das Gehirn eines Psychopathen zeichnet sich durch seine Unteraktivität im Bereich des ventromedialen praefrontal cortex (vmPFC), der Teil des Gehirns zuständig für Gefühle, wie etwa Empathie und Schuldgefühle, und der Amygdala, welche die Aufgabe hat, die ins Hirn gelangenden Signale aus den Sinnesorganen zu bewerten und zu triagieren, zu welchen weiterführenden Reaktionen im Gehirn und im Verhalten sie führen sollen. Die Amygdala ist der Ort, wo die bedingten Reflexe gespeichert sind.

Forschung legt auch den Verdacht nahe, dass Psychopathen ein beeinträchtigtes Spiegelneuronen System haben, was die Empathie zusätzlich beeinträchtigt, durch ein Unvermögen sich in die andere Person und deren Handlungen und Gefühle reinzuversetzen, nachzufühlen.

Heisst das, dass wir, die Neuroplastizität des Gehirns nutzend, Psychopathen behandeln können, indem wir diese Areale aktivieren?

Prof. Decety, Professor für Psychologie und Psychiatrie an der University of Chicago in Illinois vermutet, dass möglicherweise eine Kombination von Medikamenten und kognitiver Therapie helfen könnten die kaputten Verbindungen zu reparieren (Link zum Artikel, hier).

 

 

 

Gehirnareale, mit verringerter Dichte in Psychopathen. Quelle: Lauri Nummenmaa

 

 

Doch, so negativ diese Beschreibung auch klingen mag, so ist nicht jeder Betroffene auch sofort eine Gefahr für seine Umwelt und Mitmenschen.

Ein sehr berühmter Fall ist der von Dr. James Fallon, der, beim Studieren von Brainscans von Serienmördern, zufällig realisierte, dass sein eigenes Gehirn die Voraussetzungen zur Psychopathie erfüllte, sprich dass er ein Psychopath ist.

Diese Geschichte des Neurowissenschaftlers steht im starken Kontrast zu etwa einem Ted Bundy, der mindestens 30 Menschen umgebracht hatte, ehe er erwischt wurde.

Worin liegt der Unterschied, warum wird der eine extremst gewalttätig während der andere seelenruhig Scans von Gehirnen studiert?

Hierin scheiden sich die Geister. Diese Frage kann aktuell niemand abschliessend beantworten. Obschon die Frage faszinierend ist und uns alle beschäftigt, was macht einen Menschen zu dem was er wird, ist es die Erziehung oder die Umwelt, die Realität ist, dass es wohl eine Kombination von beidem und noch mehr ist.

Der Neurowissenschaftler Prof. Dr. Niels Birbaumer meint hierzu:

 

„Am erfolglosen Ende der Psychopathieskalen stehen Gefängnisinsassen, am erfolgreichen Ende erfolgreiche Führungskräfte mit exakt denselben Eigenschaften. Ob jemand bei derselben Ausprägung an Psychopathie zum Verbrecher oder zur erfolgreichen Führungskraft wird, entscheiden Elternhaus, frühe Erfahrung und Ernährung, Intelligenz, ökonomische Ausstattung des Elternhauses, Ausmaß extremer Einkommensunterschiede und Schulbildung und je entspannter (gemessen an der Herzfrequenz in Ruhe) ein Psychopath ist. Aber je besser sein autonomes System, zum Beispiel das Herz, aktivierbar ist, umso eher wird er erfolgreich. Frauen sind genauso häufig psychopathisch, sind aber – wie oben schon ausgeführt – deutlich seltener kriminell und physisch gewalttätig.“

 

Seinen gesamten Artikel findet man hier.

 

Aktuell können wir Psychopathie nicht behandeln. Bei allen herkömmlichen psychischen Erkrankungen ist es der Leidensdruck, der den Menschen dazu veranlasst sich in Therapie zu begeben oder einem Behandlungsplan zu folgen.

Dieser Leidensdruck ist bei Psychopathen abwesend, weder fühlen sie sich krank noch sehen sie den Bedarf nach Therapie oder Behandlung. Da es der moralische Kompass ist der fehlt, suchen die gesellschaftsfähigen Psychopathen sich diesen oftmals ausserhalb, etwa in der Religion. Dieser Blog (http://www.sociopathworld.com) oder auch das Buch von M.E. Thomas, Confessions of a Sociopath  -  A Life Spent Hiding In Plain Sight, oder das Buch von Jon Ronson: The Psychopath Test - A Journey Through the Madness Industry,

 bieten faszinierende und eindrückliche Einsichten in die Selbstwahrnehmung und Funktionsweise im Alltag eines Psychopathen. Ein weiterer guter Artikel mit faszinierenden weiterführenden Links ist dieser hier, von Ana Sandou, im Medical News Today.

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